Der Aufsichtsrat kontrolliert die Maßnahmen und Entscheidungen des Vorstandes auf Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit. Dieser vergangenheitsbezogenen Kontrolle steht eine auf die Zukunft gerichtete aktive Beratertätigkeit gegenüber, wenn es um die strategische Ausrichtung des Unternehmens geht.

Aufsichtsräte sind glücklicherweise auch Menschen und nicht qua Amt mit einer Glaskugel ausgestattet, die es ihnen erlaubt, alle anstehenden strategischen Entscheidung sowie die Unternehmensführung des Vorstands umfassend beurteilen zu können. Ebenso verhält es sich mit der proaktiven Adressierung von strategischen Themenstellungen, die der Aufsichtsrat als Impulsgeber dem Vorstand immer wieder ins Stammbuch schreiben sollte.

Eine Vielzahl von Aufsichtsräten blickt auf erfolgreiche Karrieren in einer Zeit zurück, die durch eine relative Kontinuität geprägt war. Diese Zeiten sind endgültige vorbei. Spätestens seit die Welt und die Wirtschaft mit einem US-Präsidenten leben muss, der nahezu auf Stundenbasis seine Minister entlässt, mit Handelskriegen, die „leicht zu gewinnen sind“, droht, ganze Industrien von neuen, disruptiven Geschäftsmodellen bedroht sind und die richtigen technologischen Weichenstellungen darüber entscheiden, wer morgen noch eine wirtschaftliche Existenzberechtigung hat. Beispiele hierfür sind die Frage der zukünftigen Antriebstechnik im Bereich Automotive, die Entwicklungen in Bezug auf das autonome Fahren, die Nutzung Künstlicher Intelligenz, der Einsatz der Blockchain-Technologie, aber auch personalpolitische Themen auf der obersten Unternehmensebene; siehe jüngst VW und Deutsche Bank.

In diesem dynamischen und hochkomplexen Umfeld tut ein Aufsichtsrat, als Aufsichts- und in Teilen Gestaltungsorgan, gut daran, sich sokratischer Grundsätze zu besinnen, und für spezielle Fragestellungen externen Rat einzuholen. Hierbei bedienen sich Aufsichtsräte zunehmend Interim Manager, die dem Aufsichtsrat in verschiedenen Konstellationen zur Verfügung stehen, um den Lösungsraum strategischer Fragestellungen zu definieren bzw. Teil der Lösung zu sein, wie die nachfolgenden Beispiele deutlich machen:

  • Ein mittelständischer Automotive-Zulieferer steht vor der Herausforderung, seine gesamte Lagerhaltung zu digitalisieren und mit den Systemen der Kunden zu vernetzen, ohne hierfür die notwendige Expertise sowie die erforderlichen Ressourcen zu haben. Im Vorfeld einer solchen Initiative mandatiert der Aufsichtsrat einen auf dem Gebiet erfahrenen Interim Manager, der für das Unternehmen eine entsprechende „Roadmap“ entwirft, „Best Class“-Beispiele skizziert und ggf. die Unternehmensführung bei der Initiierung und Umsetzung eines solchen Projektes begleitet.
  • Ein Aufsichtsrat ist mit der Aufgabe konfrontiert, ad hoc auf Vorstandebene personelle Veränderungen vorzunehmen, ohne dass das operative Geschäft und die Reputation des Unternehmens in Mitleidenschaft gezogen werden. Hierfür wir ein Vorstandsmitglied ad interim mandatiert, der im Zuge des Mandats auch gewisse „Aufräumaufgaben“ wahrnimmt, die überfällig sind.
  • Im Rahmen einer möglichen Akquisition zieht der Aufsichtsrat einen Interim Manager hinzu, um zusätzliche und unabhängige Industrie- und Wettbewerbs-Expertisen einzuholen; den „Strategic-Fit“ von einem Dritten herausarbeiten zu lassen.
  • Ein Unternehmen schickt sich an, das Geschäft zu internationalisieren, um bsw. in China einen Produktionsstandort zu eröffnen oder auch zu verlagern, ohne über entsprechendes lokales Know-How zu verfügen. Im Rahmen der Planungen wird ein Interim Manager mandatiert, der vergleichbare Initiativen bereits erfolgreich exekutiert hat.
  • Im Rahmen eines Generationswechsels kommt es innerhalb des Gesellschafterkreises zu Konflikten, in die der Aufsichtsrat ggf. selber involviert ist und die nur durch einen unabhängigen und erfahrenen Mediator zu lösen sind.

 

Die Liste der Themenstellungen, die der Aufsichtsrat zu adressieren und zu beantworten hat, ließe sich beliebig fortführen; so auch die Aufzählung der spezifischen Expertisen und Kompetenzen, die erforderlich sind, um zu den richtigen Antworten zu gelangen. Daher ist der Aufsichtsrat gut beraten, themen- und situationsbezogen das Instrumentarium des Interim Management im Sinne einer erfolgreichen Unternehmensführung aktiv zu nutzen.