Die Digitalisierung lässt keine Branche unberührt. Kaum eine spürt die direkten Auswirkungen jedoch so vehement wie die Medienbranche. Grund dafür ist zu einem großen Teil die geänderte Nutzererwartung: Kunden wollen Inhalte schnell, digital und unabhängig von ihrem Standort nutzen – egal, ob es sich dabei um Audio, Video oder schriftliche Inhalte handelt. In vielen Fällen haben Rundfunkanstalten, Verlage und Fernsehsender jedoch nur mit Verspätung und halbherzig auf die neuen Anforderungen und den geänderten Markt reagiert.

Die Folge: Wachsende Konkurrenz durch Plattformen wie YouTube oder Facebook und eine neue Erwartungshaltung der Nutzer, die immer weniger bereit sind, für mediale Inhalte zu bezahlen. Seit Jahren leiden die meisten traditionellen Verlage (mit Ausnahme von Springer und Burda) unter sinkenden Umsatzzahlen. Innovative Lösungen wie Streaming-Angebote oder Enhanced Books setzen sich nur zögerlich durch. Während die Printmedien schon seit der Jahrtausendwende mit der – zum  Teil hausgemachten – digitalen Konkurrenz kämpfen, ist das Phänomen im TV-Bereich noch relativ neu. Doch auch hier sinken die Zuschauerzahlen drastisch: Zu verlockend sind Video on Demand-Angebote, die den Nutzern den Konsum ihrer Lieblingssendungen zu jeder beliebigen Zeit an jedem gewünschten Ort ermöglichen. 

Chief Digital Officer (CDO) bietet einen Wettbewerbsvorteil

Daher müssen gerade traditionelle Medienunternehmen für eine erfolgreiche digitale Transformation nicht nur neue Strukturen und IT-Infrastrukturen schaffen, sondern auch die Unternehmenskultur und die Mentalität an das neue Zeitalter anpassen – was häufig die weit größere Herausforderung darstellt. Die Position des Chief Digital Officer (CDO) zu etablieren, kann dabei entscheidend weiterhelfen. Eine Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG ergab, dass die Etablierung eines CDO den wirtschaftlichen Erfolg steigern kann. 

Tatsächlich setzen bereits knapp 30 Prozent der deutschen Medienunternehmen einen Chief Digital Officer ein – hier ist allerdings noch sehr viel Potenzial vorhanden, das ungenutzt bleibt. So sind nur 11 Prozent der befragten Unternehmen der Meinung, dass sie ihr Potenzial voll ausschöpfen. Vor allem im Printsegment, also bei Zeitschriften, Büchern und Zeitungen, ist noch viel zu tun. Hier wird der mit Abstand meiste Umsatz nach wie vor in den traditionellen Geschäftsfelder generiert – wobei die mittleren und großen Medienhäuser deutlich besser abschneiden als die kleineren Player der Branche.

Verantwortet wird die digitale Transformation in den meisten Fällen auf höchster Ebene direkt vom CEO. Für die Umsetzung ist allerdings die Ernennung eines CDO das sinnvollste Vorgehen. Dies gilt auch, wenn im Unternehmen bereits ein Chief Information Officer (CIO) vorhanden ist – denn die Rollen und Aufgabengebiete von CIO und CDO unterscheiden sich gerade in der Medienbranche deutlich voneinander. Der CIO verantwortet für gewöhnlich die IT des Unternehmens und übernimmt in der Digitalisierung höchstens eine unterstützende Rolle.

Aufgabenbereiche des Chief Digital Officer

Die Rolle des Chief Digital Officer dagegen umfasst essentielle Themenbereiche für die Transformation. So ist er beispielsweise für die Digitalisierung der internen Prozesse verantwortlich. Auch die Definition der digitalen Strategie im Hinblick auf die zukünftigen Produkte und Services, Unternehmensstrukturen und Prozesse fallen in sein Aufgabengebiet. Dabei entscheidet er beispielsweise, welche digitalen Kanäle in den verschiedenen Bereichen genutzt werden sollen.

Auch trifft er die Entscheidung darüber, welche neuen Arbeitsmethoden und Tools im Zuge der Digitalisierung im Unternehmen eingeführt und genutzt werden. Zudem plant und überwacht er deren Implementierung. Immer wichtiger wird das Data Mining in vielen Branchen – der CDO verantwortet für gewöhnlich auch das Thema „Big Data“, also das Aufbereiten und Auswerten  großer Datenmengen, um diese zur Ableitung strategischer und operativer Initiativen zu nutzen.

Aufbau digitaler Geschäftsbereiche kann den Umsatz steigern

Um ein Unternehmen erfolgreich in das digitale Zeitalter zu führen, ist die systematische Erschließung neuer Geschäftsfelder unverzichtbar. Hier liegt einer der wichtigsten Verantwortungs-bereiche des Chief Digital Officer. Er ist maßgeblich verantwortlich für die Entwicklung neuer digitaler Produkte und Services. Gerade bei den Medienunternehmen besteht hier meist großes Verbesserungspotenzial. Der durch digitale Geschäftsmodelle generierte Gewinn bleibt nach wie vor hinter den Investitionen zurück, so das Beratungsunternehmen PwC. Entweder bieten die Häuser noch nicht ausreichend digitale Produkte an oder es gelingt ihnen nicht, ihr Angebot angemessen zu monetarisieren bzw. die Angebote sind nicht wettbewerbsfähig. 

Ein Grund hierfür könnte sein, dass in den meisten Fällen kein eigenständiger Geschäftsbereich für das digitale Angebot vorhanden ist. Für gewöhnlich ist dieses in traditionelle Bereiche eingegliedert. Das kann sich negativ auf den Umsatz auswirken: Laut KPMG erzielen die Unternehmen, bei denen ein eigener digitaler Geschäftsbereich besteht, deutlich höhere Umsätze in diesem Segment. Die Etablierung eines neuen Geschäftsbereichs ist allerdings mit großen strategischen, organisatorischen und strukturellen Herausforderungen verbunden. Es ist daher sinnvoll, einen CDO mit dieser Aufgabe zu betreuen, der mit solchen strategischen, das gesamte Unternehmen betreffenden Initiativen bereits vertraut ist. Dank seiner Erfahrung kann er die stimmige Planung und erfolgreiche Implementierung ebenso gewährleisten wie eine optimale Nutzung der Synergien mit bereits vorhandenen Geschäftsbereichen.

Manager auf Zeit sind prädestiniert für die Rolle des CDO

Bei der digitalen Transformation gibt es häufig noch eine Herausforderung auf einer anderen Ebene, nämlich der kulturellen. In vielen Unternehmen ist das Bewusstsein nicht in ausreichendem Maße vorhanden, wie notwendig die existentiell die digitale Transformation ist. Hinzu kommt, dass schlicht das Know-how fehlt. Daher kann es hilfreich sein, einen Interim Manager von außen für den Posten des Chief Digital Officer zu rekrutieren. Zum einen kann ein solcher externer Experte umfangreiche Erfahrung mitbringen und seine Erfahrungen bei anderen Unternehmen oder Branchen für die Aufgabe optimal einsetzen.

Zum anderen hat er meist einen unverstellten Blick auf die internen Prozesse und kann somit den kulturellen Wandel unvoreingenommener einleiten als jemand, der aus den eigenen Reihen kommt. Ein solcher Manager auf Zeit kann entweder nur für die Dauer des Transformationsprozesses eingesetzt werden oder  zur Überbrückung dienen, bis ein dauerhafter Kandidat für den Posten gefunden wird. Denkbar ist auch, dass er sein Know-how an einen Nachfolger aus dem Unternehmen weitergibt und diesen quasi „on the job“ für diese verantwortungsvolle Rolle entwickelt.